Ich bin kein großer Nick Cave Fan. Das soll nicht heißen, dass ich seine Musik nicht mag, ich habe nur kein besonderes Verhältnis zu ihr. Meine erste Berührung mit Nick Cave & the Bad Seeds war, wie vermutlich bei vielen meinen Alters, „Where the Wild Roses Grow“, 1995, genauer gesagt, das ebenso morbide Musikvideo dazu mit Kylie Minogue als singender Wasserleiche (übrigens auch meine erste Begegnung mit ihr, aber das ist eine andere Geschichte).
Wie ich den Song damals fand, weiß ich nicht mehr, er hat aber mein Bild von Nick Cave dahingehend geprägt, dass ich eine gewisse (falsche) Vorstellung von seiner Musik hatte. Der Song war definitiv interessant, aber nicht interessant genug dass ich in den nächsten zehn Jahren bewusst oder mit Absicht ein Bad Seeds Album gekauft oder angehört hätte.
Nach Johnny Cashs Cover von „The Mercy Seat“, und etwas Input von Freunden und Bekannten habe ich inzwischen einen Großteil der Alben zumindest quer gehört, und sogar großen Gefallen am Bad Seeds-Seitenprojekt Grinderman (vor allem einem Song) gefunden, aber trotzdem ist mit Sicherheit gerne mal ein ganzes Jahr vergangen, ohne dass ich vorsätzlich auch nur einen Song von Nick Cave gehört hätte. Warum schreibe ich das alles? Weil ich den Film 20,000 Days on Earth von Iain Forsyth und Jane Pollard trotzdem sehenswert und unterhaltsam fand.
20,000 Days on Earth mischt dokumentarische Aufnahmen (überwiegend entstanden während der Aufnahmen zum Album Push the Sky Away) mit fiktiven, geschriebenen Szenen. Wie oder ob das funktionieren soll, habe ich mich vorher gefragt. Es funktioniert erstaunlich gut. Zwar fand ich die Studioszenen meist interessanter, die Rahmenhandlung, Nick Cave an seinem 20.000sten Tag auf Erden, ist aber unterhaltsam geschrieben, sympathisch von Cave und anderen gespielt, aber vor allem hervorragend in Szene gesetzt – zu erahnen in diesem Ausschnitt:
Der atmosphärische Soundtrack von Nick Cave und Bad Seed Warren Ellis rundet das Ganze hervorragend ab.
Viel mehr will ich nicht dazu sagen, das wird nämlich schnell zu viel. Den Trailer anzusehen will ich nicht empfehlen. Ich hab ihn vorher nicht gesehen und fand’s im Nachhinein besser so. Er macht definitiv Lust auf den Film, aber nimmt leider auch einiges vorweg, vor allem eine kleine, kurze Szene kurz vor Schluss, die mich, der ich quasi keine Vorkenntnisse hatte, angenehm überrascht hat. Für diejenigen, denen so etwas egal ist, schreibe ich dazu noch eine Beobachtung in einem Kommentar (unten).
Ich hatte das Glück, den Film im Rahmen der Cologne Conference zu sehen, er wird in Deutschland von Rapid Eye Movies vertrieben und kommt am 16. Oktober in die Kinos. Hoffentlich auch lange genug und in genug Säle, damit das auch wer mitbekommt. Also: Empfehlung hiermit ausgesprochen.
Hier die spoiler-belastete Ergänzung: Die Szene, die ich meine ist der Dialog mit Kylie Minogue auf dem Rücksitz. Dieses Gespräch über „Where the Wild Roses Grow“ ist quasi der Gegenpart zum Radiowecker am Anfang, der Nick Cave mit Kylies „Can’t Get You Out of My Head“ weckt und einige Lacher ernten konnte. Ich mag’s, wenn ein Film mit solchen Kleinigkeiten für ein stimmiges Gesamtbild sorgt. Wäre diese Ergänzung nicht hier unten versteckt, wäre mein Artikel auch noch was runder… naja.